Schon der Titel will einfach nicht im Gedächtnis haften bleiben. Nicht kompliziert, sondern nichtssagend. Wie der Film. »Der Neue mit Nicholson.«
Letzterer hat ja bereits so manchen, eigentlich jeden seiner Alterserfolge hauptsächlich selbst getragen. Soweit, dass sein Auftritt im x-ten Aufguss des gleichen Themas nicht nur für ihn, sondern auch für den Kinobesucher zur grässlichen Routine wird. Diane Keaton und Jack Nicholson spielen so albern und unglaubwürdig einen Rahmen um ein paar Witze herum, als wollten sie gegen den schlechten Plot und die lieblose Regie protestieren. Diesen Kampf am Set kann man spätestens nach dem ersten Drittel des Films deutlich miterleben. Kaum ein Film hätte an derart viele Szenen ohne grösseren Schaden den Abspann anknüpfen können, rafft sich dann aber jedesmal doch auf, den Zuschauer weiter mit Unentschlossenheit zu quälen. Noch einmal und noch einmal.

Die Geschichte ist schnell erzählt, einmal mehr: Wortgewandter-alter-Soundso-verliebt-sich-ungewollt-und-wird-ein-anderer-alter-Soundso. Dabei sind nach hergebrachter Manier ein paar Lacher garantiert. Nur hat scheinbar niemand im Businessplan vorhergesehen, dass nach dem Gag-Schreiben der Spass aufhört. Dann muss das Erfolgsrezeptkantinenessen mühevoll zubereitet werden, von Köchen die eigentlich viel lieber stille Teilhaber eines HipHop-Labels wären.
Wer dem deutschen Titel des Vorbildes bisher nicht geglaubt hat, der tut spätestens jetzt gut daran. "Besser geht's nicht".

So viel Nachdenken über so wenige Worte, wie die der Stücke auf Radioheads Hail to the Thief. Vielleicht sollten alle die etwas zu sagen haben es tatsächlich zu Melodien tun.

Die Stimme ja schon immer.
Gealtert und kurzhaarig inzwischen ... nun, wenn ich Frau wäre ...

[Video]

30 Jahreeee Panik, yeah, nur der kleine Udo, yeah, und meine Freundiiiiiin, yeah, die Ninaaaaaa, und der Beeeen, yeah, schon als Kiiind, yeah, mit wievielen Kinderchören muss ich dieses Lied noch, yeah, bis endlich die Eiszeit, yeah, Peteeeer, Rock'n'Roll, yeah, yeah, die beste Band der Weeeelt, Rock-Giganteeeen, yeah, meine Lederjackeeee, yeah dankeeee, die ich dem Honni, yeah, hier wo alles anfiiing, yeah, ihr seid die Besteeeen.

Vielleicht kam das aber auch nur von einem der unzähligen Männer mittleren Alters, die dem hohem Wellengang in der Konzerthalle zum Trotz kämpferisch Bier geflaggt hatten.

Ein wenig ärgert es, aus Sturheit vor zehn Jahren Bukowski nicht verschlungen zu haben. Tat ja sonst jeder, nicht mit mir.

Mittlerweile hat man mit jenem Stolz gebrochen und sich sogar von Platzbesetzern in die kurzfristig notbestuhlte Halbreihe vertreiben lassen. Wozu streiten, ein harmonischer Bukowski-Abend sollte es werden.

Der kleine Raum hat 9 Sitzreihen, halbe nicht mitgezählt. An der Decke die üblichen Scheinwerfergerüste, geweisste Wellblechstücke sorgfältig an die Wand geschraubt, der Akkustik, nicht des Schrottplatzambientes wegen. Das Publikum eine Mischung aus Punks die früher mal welche werden wollten, alten Leuten die nie welche werden wollten, aber vergessen hatten, darauf zu achten und uns, die wir auch schon mal anders waren.

In der Pause trinken alle theateratmosphärisch vornehm Rotwein im Foyer und lächeln selig. Dann ruft der dritte Gong zur gesitteten Wiedereinnahme der Plätze.
Percussionist und Vorleser lehnen bereits wieder an und in dem verrauchten Bühnensofa. Eine neue Zigarette für die angenehm tieftrockene Stimme, ein Schluck aus dem Weinglas, Maja Thurup trommelt, das Publikum lacht, lächelt, klatscht.
Noch zwei Gedichte, dann drei Vorhänge, viele erwärmte Herzen fahren heim, die meisten zu zweit. Manche werden in dieser Nacht noch Liebe machen.

me gustan los aviones, me gustas tu
me gusta viajar, me gustas tu
me gusta la mañana, me gustas tu
me gusta el viento, me gustas tu
me gusta soñar, me gustas tu
me gusta la mar, me gustas tu

que voy a hacer - je ne sais pas
que voy a hacer - je ne sais plus
que voy a hacer - je suis perdu
que horas son, mi corazón

me gusta la moto, me gustas tu
me gusta correr, me gustas tu
me gusta la lluvia, me gustas tu
me gusta volver, me gustas tu
me gusta marihuana, me gustas tu
me gusta colombiana, me gustas tu
me gusta la montaña, me gustas tu
me gusta la noche, me gustas tu

que voy a hacer - je ne sais pas
que voy a hacer - je ne sais plus
que voy a hacer - je suis perdu
que horas son, mi corazón

me gusta la cena, me gustas tu
me gusta la vecina, me gustas tu
me gusta su cocina, me gustas tu
me gusta camelar, me gustas tu
me gusta la guitarra, me gustas tu
me gusta el regaee, me gustas tu

que voy a hacer - je ne sais pas
que voy a hacer - je ne sais plus
que voy a hacer - je suis perdu
que horas son, mi corazón

me gusta la canela, me gustas tu
me gusta el fuego, me gustas tu
me gusta menear, me gustas tu
me gusta la coruña, me gustas tu
me gusta malasaña, me gustas tu
me gusta la castaña, me gustas tu
me gusta guatemala, me gustas tu

que voy a hacer - je ne sais pas
que voy a hacer - je ne sais plus
que voy a hacer - je suis perdu
que horas son, mi corazón

[sagt Manu Chao u.a. hier]

Ein Film wie zwei wortkarge Eisangler. Frierend, wissend, am dunklen Eisloch das schillernde Fischlein erwartend.
Trotz der kalten Traurigkeit des isländischen Schauplatzes geht es erstaunlich farbenfroh und warm zu. Manchmal blutrot.
So voller kleiner und doch bemerkenswerter Szenen. Eine Landkarte im Museum, die Grossmutter spricht, das Feilschen um die Tiefe eines Grabes.
Vieles berührt nicht vordergründig, keine grossen Gefühle.
Ein Film über die Hoffnung eben.

Das Wunder von Bern. Abscheulich. Wenn Aufmunterungspathos gebraucht wird, schon ist jemand zur Stelle.
Aber feine Bilder, feine Akteure und der Reporter sieht aus wie Wigald Boning in Feinzwirn. Was beschwer' ich mich ?!

Der Selbstreferent ist ein begnadeter Polemiker. Das Publikum an seinen Lippen, gedankenverlorenes Nicken.
Früh hat er erkannt, dass er erläutern muss was er singt. Er redet gerne und hört sich gerne, referenziert sich permanent selbst. Finger drohen, noch den letzten Akkord greifend. Die Gitarre auf dem Schoss kräftet.
Der Versuch, den Raum auszufüllen, mit beschränkter, stark von der Zeit beeinflusster - sagt er - Weltsicht, Weitsicht. Mit unangreifbarer Altersweisheit. Ihr mögt Eure eigene Meinung haben, aber ich habe meine. Ich will euch nicht bekehren, bleibt im Irrglauben. Er lächelt ihr wisst schon.

Ein stolzer Hinweis, als junger Mann Altersweisheiten in Frage gestellt zu haben. Rebellion gegen sie, von ihren knöchernen Verfechtern verfolgt. Und es passt. Ja, er weiss, streicht damit lächelnd die Stirnfalten der Zweifler glatt.
Melancholie über das Verstreichen der eigenen Zeit. Man hat Mitleid mit ihm, mit sich selbst, für später.

Brechtvergleiche, Shakespearevergleiche, Biermannvergleiche.

Der Zeitzeuge erzählt, der junge Strittmatter hat erzählt, oder hatte er es selbst gesehen ? Nein, das gute Gedächtnis ist Biermann nicht abzusprechen.
Brecht winkte dem Panzer mit seiner seidenen Arbeitermütze zu. Was ich gemacht hätte ? Dreimal dürft ihr raten, braucht ihr nicht, ich sag es euch. Selbstverständlich. Wir die Mitverschwörer, man weiss etwas, versteht. An seinen Lippen, gedankenverlorenes Nicken.

Frankreich. Den alten Philosophen, der nicht an die Hoffnung glaubte, ja sie hasste, er hat ihn mit Melancholie überzeugt, seinem Lied. Da nickte er und ich wusste, er hatte es verstanden, er war verführt.

Mit 16 ins Internat in den Osten geschickt, der Junge soll den Kommunismus lernen.
Der Abend schreitet langsam voran. Mit 16 von zu Hause weg, ein jugendlicher Befreiungsakt, Losreissen vom Alten.

Der Abend war wie im Fluge vergangen. Das Licht geht an. Auf der kleinen Bühne sitzt ein gutmütiger, alter Mann der heute abend nicht bei der CSU oder dem ökumenischen Kirchentag auftritt.
Jede Gelegenheit nutzend, bevor es morgen ist.

Texte, so seicht, dass sie in Milch schwimmen.