2 mal.
1. Brasilien. Von Geschäftspartnern ausgeführt. War wie eine Disco gestaltet. Gedränge, dunkel, laute Musik, Spiegelkugel. Am Eingang hatte man eine Laufkarte bekommen auf welcher die Kellner alle bestellten Getränke ankreuzten und die am Ende des Abends abgerechnet wurde. Frauen tanzten, tranken oder unterhielten sich. Einige wenige Männer standen herum und suchten entweder Augenkontakt oder suchten ihn zu vermeiden. Wenn er zustande kommt, tut man so als bemerke man etwas besonderes, etwas das es nur zwischen den beiden gibt. In jedem Fall findet man sich nett. Schlaraffenflirt. Dann und wann kommt ein Kellner, klopft einem freundschaftlich auf die Schulter und bedeutet verschwörerisch, er hätte bemerkt wie man schon länger von der kleinen Schwarzhaarigen da hinten angestarrt werde. Blickt man dann in die Richtung, fasst sie Mut und kommt herüber um zu lächeln. Es wäre ihr nicht entgangen dass man Ausländer sei und ein äusserst sympatischer obendrein. Für "Guten Tag" reicht das Deutsch, das English noch ein wenig weiter. Was man denn so täte, wie einem Brasilien gefalle, will sie wissen. Danke, diesunddas, sehr gut. Und die brasilianischen Mädchen? Besonders schwarze Haare möge man. Ab da geht es mit Händen weiter oder man leert sein Glas und erkundigt sich bei seinen Begleitern ob man nicht noch irgendwo was trinken gehen soll?
Wenn sich zwei verlieben, gehen sie durch eine Flügeltür aus Milchglas und dahinter die Holztreppe hinauf, an einem Kellner vorbei der darauf achtet dass gewünschte Dauer und Optionen ordnungsgemäss in den entsprechenden Feldern auf der Rückseite der Getränkekarte angekreuzt worden sind.
2. Genf. Wieder mit Kollegen. Eine Bar aus rotem Plüsch, Schummerlicht und Christina Aguilera. Kleine runde Tische und Sessel um eine tiefer gelegte Tanzfläche mit Stange. Ausser uns und ein paar stark verkleideten Mädchen und Frauen war es leer. Wir haben dann unsere Pflichtgetränke geleert und sind noch irgendwo was trinken gegangen.
Später in einer Disco traffen wir eines der Mädchen wieder. Ihre Schicht war vorbei, sie hatte sich umgezogen und war mit einer Freundin unterwegs. Wir erkannten uns und bekämpften die Peinlichkeit mit einer Unterhaltung in der es nicht darum ging was sie für ein Glas Champagner täte. Anfangs stellte ich Fragen wie man sie stellt wenn man die Antwort auf die übernaechste Frage zu kennen glaubt. Dann sprach hauptsaechlich sie.
Und es folgte die Geschichte die man so regelmässig im Spiegel liest, dass sie unwirklich geworden ist. Ukrainische Stadt. Als Kind Ballettschule. Die Eltern sehen eine Prima Ballerina aufwachsen. Dann Schneiderin gelernt und ein paar Monate in einer Fabrik gearbeitet. Das Geld reicht kaum. Den Nachbarn geht es etwas besser seit die Tochter Euros schickt. Dann eines Tages ein Typ in der Disco und die Aussicht auf schnelles Geld im Ausland. Eigentlich wollte sie nur tanzen, aber irgendwie hatte sie dann doch eine Ahnung dass es nicht Ballett sein würde. Aber verdraengt, die Nachbarstochter kommt ja auch klar. Jetzt will sie bleiben bis das Touristenvisum auslaeuft und dann wieder heim ... oder vielleicht woanders hin.
Noch eine Ausbildung machen. Was mit Kindern. Weiss nich. Sie sei ja jung. Gezwungen zu bleiben werde sie ja nicht. Nicht mit Gewalt. Koennte ihren Pass jederzeit vom Manager zurückverlangen. In einem Käfig wohnt sie auch nicht, sondern in einer WG mit zwei Tschechinnen. Vom Arbeitgeber finanziert, aber sie könnte ausziehen wenn sie wollte. Doch das kostet und das Geld ist nicht so gut wie es erst aussah. Genf ist teurer als Kiew. Und ein paar Hundert schickt sie nach Hause.
Irgendwann am Morgen hat sie dann gefragt ob ich noch mit zu ihr käme.
Aber wir hatten die Seiten gewechselt. Während sie ihre Maske abgelegt und so Raum für Lust geschaffen hatte, lag mir ohne meine Maske nichts ferner als der Gedanke an Sex.
Die 30 Franken für das gemeinsame Taxi die sie mich nicht ablehnen liess als sie bei ihrer Wohnung ausstieg, reichten für die ganze Strecke und eine Flasche Wasser gegen die Dehydrierung am nächsten Tag.